Die Ausstellung abgebaut, die Kunst verpackt, das Leergut weggeschafft.

gepostet von: Tibor Müller, Benjamin Engbrocks



Die Ausstellung aufbauen.

Die Lust am Erschaffen und Verteilen ist wichtiger als der Sinn. Die einen produzieren Content, die Anderen verwalten ihn. Den Content zu produzieren heißt hoffen das zwischendrin etwas abfällt – ein kleiner Auftrag, ein Dankeschön oder auch mal ein Preisgeld. Den Content zu präsentieren heißt auszuwählen. Die Kriterien sind die Marktfähigkeit und, wie auch in diesem Fall, die Beziehungen. Die, die das zu Präsentierende verwalten, leben davon dass sie etwas zu verwalten haben, und versuchen mit aller Gewalt die Oberhand zu behalten. Sie verwalten das zu Präsentierende, indem sie die Beziehungen verwalten. Davon Abstand zu nehmen, bedeutet nicht die Beziehungsweisen aufzulösen, sondern sie spielen und sich intensivieren zu lassen. Die Beziehungen, reduziert auf ein (rotes) Punktesystem, werden zum Wert von Kunst - und so der werte Freund zum Mehrwert.

Anders als vor Jahren sind aktuelle Modelle so angelegt, dass eine massenhaft individualisierte Selbst-Produktion eine unüberschaubare Menge an Werken hervorbringt, die auch noch permanent veröffentlicht werden müssen. Durch die temporäre Vernetzung Einzelner, und die Eingrenzung miteinander, entstehen unzählige Mikronetze die in sich nur so lange stabil bleiben, wie „neuer“ Content geschaffen wird. Ob nun jemand am Inhalt interessiert ist oder nicht, jeder schaufelt sich kontinuierlich durch die eigene Düne und auf der anderen Seite ist weit und breit niemand zu sehen, oder doch?

Außer einem bestürzten Geraune, ist nichts zu vernehmen. Außer einem mulmigen Gefühl, ist nichts geblieben. Kritik heißt aber nicht die Verantwortung abzugeben: Wäre es wahrer und ehrlicher zu behaupten das sich alle lieb haben, an die Hand nehmen und jeder Anwesende seine Schokoladenration um 18 Gramm erhöht bekommt? Was passiert mit den Menschen wenn sie um 50, 500 oder 1000 Euro kämpfen? Bei 50 Euro würde keiner den Kopf heben, bei 1000 schmeicheln sie schreiend dem Mehrwert oder verspeisen schmatzend das Kunstwerk zum Trotz. So treffen sich Kritik und Ausdruck des Bestehenden in der Schamlosigkeit ihrer Einverleibung. Wie funktioniert Kritik, was ist der Bruch, der Konventionen des Kunstmarktes? Ist es das große Fressen der Kunst, eine 1000 Euro Taxifahrt nach New York, die verwaltete Gleichverteilung, oder die Absage ans Geld? Wohl nichts von dem genannten, oder doch?

Die Kunst entpacken.

Ist es sinnvoll, oder naiv und kitschig, über die Bedingtheiten der Kunstmaschine zu sprechen? Ist die Bedingtheit ein Zustand den man spüren muss ohne ihn verteufeln zu können? Was sind wir bereit nach der Enttäuschung einzubringen um die vorhandende Maschinerie zu überarbeiten? Woher kommen die Rufe nach dem Nicht-So, und das auch noch in der Kunst? Wohl zu Recht von denen, die kostenlos den Content produzieren und dafür entlohnt werden wollen – davon leben müssen. Geht es dabei um ein Betriebssystem bei dem jeder und jede den gleichen Teil abbekommt, oder doch um die jeweils eigene Taxifahrt nach Hause? Ist es von Belang wie viel Geld verteilt wird, oder an wen, nach welchen Mustern, Motiven und Beziehung? Und wo liegt bei all dem die Verantwortlichkeit: dem Einzelnen, der Gruppe, den Verwaltenden?

Die Kunst ist doch letztlich etwas ganz normales, die Normalität aber so manches Mal eine Farce.

Die Maschine ist nicht nett und läuft doch gerade deswegen. Was hätte es also gebraucht, was hätten wir und was hättet ihr machen können, um die Betriebsamkeit der Maschine zu stören? Keinen Preis vergeben, also nicht zumindest ein Taxi oder eine neue Arbeit finanzieren? Das eigene Taxi, die eigene Arbeit sichern? Gemeinsame Arbeit sichern? Ist das Entfernen der Punkte der Sand im Getriebe, oder statuiert die Maschine dann bloß im knirschenden Geschrei erneut ihr Recht? Wie kann das Spektakel der Maschinerie irritiert werden? Wie kann der Getriebene das Getriebe zerstören?

Das dies nicht passiert ist entsetzt uns nicht und erschüttert unsere Herzen kein klein bisschen. Wir genießen die Verhinderung in vollen Zügen und sind froh, dass das verstörende Getriebe vor dieser kleinen Ausstellung nicht halt gemacht hat - und den Widerspruch schürt.

Das Leergut entsorgen:

2 comments:

  1. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31483/1.html

    ReplyDelete
  2. Wow bestimmt ein ganz schön großer Druck sowas zu planen und durchzuziehen , Respekt!

    ReplyDelete